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Wandtapisserien in Madrid

Seit fast 300 Jahren werden in der Real Fábrica de Tapices in Madrid edle Wandtapisserien gewebt und Bodenteppiche geknüpft. In der vom spanischen Königshof gegründeten 
Manufaktur begann die Karriere von Francisco de Goya.
 

Im Entree der Real Fábrica de Tapices, der Königlichen Teppichmanufaktur in Madrid, liegt geschützt in einer Glasvitrine ein Brief aus. „Señor don Cornelio Bandengoten“, steht da auf Spanisch, „auf Veranlassung von Señor don Francisco Sabatini seien Sie so freundlich mir das mit eigener Hand gemalte Bildnis auszuhändigen, das den blinden Gitarrenspieler und einige Zuhörer darstellt. Ich verbleibe als Ihr Diener. Francisco de Goya, Madrid 26. September 1778.“
 

Am Anfang steht der Karton. Genrehafte Motive, wie diese Marktszene in Madrid, werden im ausgehenden 18. Jahrhundert populär. Sie dienen als Vorlagen großer Wandtapisserien, die in der Königlichen Teppichfabrik in Madrid gewebt werden. Nachdem Spanien Flandern und die Niederlanden im frühen 18. Jahrhundert verliert, wo sich viele Teppichwebereien befanden, ließ der Spanische Hof 1720 eine eigene Manufaktur gründen. Zum Schatz der Real Fábrica de Tapices gehören rund historische 3000 Skizzen und 600 Kartons.
 

Jener Cornelius Vandergoten, wie der Mann heute geschrieben wird, an den der noch junge Maler Goya seinen Brief adressiert hatte, war der Leiter der Königlichen Teppichmanufaktur. Sein Vater Jakob Vandergoten hatte die Manufaktur 50 Jahre zuvor auf Initiative des spanischen Königshofs aufgebaut. Die Verbindung des Künstlers Francisco de Goya mit der Real Fábrica wird für beide Seiten von Bedeutung sein. Goyas Karriere begann mit den Kartons, die er für die Manufaktur malte. Später, nachdem aus dem jungen Mann, der 1746 in Fuendetodos, einer Kleinstadt bei Saragossa, geboren wurde, einer der größten Künstler seiner Zeit wurde, verhalfen sein Name und sein Werk, das Renommee der Teppichmanufaktur von Madrid aufzuwerten. Erst mit den „cartones“, den auf Karton ausgeführten Gemäldeskizzen von Goya, findet die Teppichmanufaktur zu einem eigenständigen Stil, so Antonio Sama, der Konservator der Real Fábrica. Bis 1775 nutzten die Bildwirker nur Vorlagen von flämischen Malern oder kopierten bereits ausgeführte Gobelins, die sich im Besitz des Könighofs befanden.
 

Welt der Wolle. Im Wolllager der Manufaktur lagern Hunderte von Farbtönen. Sie werden für neue Bodenteppiche gebraucht, die meistens in klassischen Dekors geknüpft werden, oder um historische Stücke zu restaurieren. Die Bodenteppiche mit dem Signet RFT oder dem ausgeschriebenen Schriftzug finden sich nicht nur in den Palästen der spanischen Krone und des Adels. Auch in Luxushotels wie dem Ritz von Madrid dienen sie als eleganter Bodenschmuck.
 

Klassisch gepolstert. Gepolsterter Sessel aus schwarz lasiertem Mangoholz mit klassischem Kelimbezug und Ziernieten.
 

Dass man das Schriftstück von 1778 nicht nur lesen, sondern auch betrachten möchte, liegt an seiner dynamischen Handschrift, die nach Ansicht der Direktorin der Real Fábrica María Dolores Asensi eine sehr spezielle Emotionalität zeige. Die Schrift des jungen Malers sieht aus wie ein Feld, durch das der Sturm fährt. Über der Vitrine hängt ein Karton des Meisters. Es ist die Darstellung „La Vendimia“ beziehungsweise „El Otoño“. Das Bild ist ein typisches Goya-Werk. 
An einer niedrigen Mauer findet sich eine Figurengruppe; eine junge Landarbeiterin, die einen gut gefüllten Korb auf ihrem Kopf trägt, beherrscht die Bildmitte. Sie bringt einer jungen adligen Familie Trauben und andere Früchte. Ein Kind reckt die Arme, um an das frische Obst zu kommen. Im Hintergrund sieht man zwei Männer auf dem Feld arbeiten und in der Ferne eine ins Blau verschwindende Bergwelt ...
 

Zusammenfassung aus der "Living 02/2012" - Sie möchten die ganze Zeitschrift lesen? Kontaktieren Sie uns gerne >>HIER!