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BELLE ÉPOQUE MIT MEERBLICK

von Dina von Boch - 30 Aug, 2017

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Prunkvolle Hotelpaläste an der CÔte d’Azur

 

Lord Brougham wollte eigentlich nach Italien reisen. Mit seiner Tochter Eleonore. Sein Weg führte ihn an der französischen Küste entlang. Er war gerade im Begriff, kurz vor Nizza in das sardische Königreich zu wechseln, als ihn eine Choleraepidemie stoppte. Also blieb er 1834 in dem damals ärmlichen Fischerdorf Cannes hängen und hatte dank der Quarantäne genügend Zeit, sich unsterblich in diesen Ort und seine Landschaft zu verlieben. Der Fluss Var bildete damals die Grenze zwischen der Grafschaft und dem übrigen Frankreich. Heutige Besucher der französischen Riviera kennen ihn vielleicht, denn der flache Strom aus den Seealpen mündet direkt am Flughafen von Nizza ins Meer. Und in gewisser Weise ist der Var eine Grenze geblieben.

Der Engländer Brougham, ehemaliger Lordkanzler, war so begeistert vom milden Winterklima in den grünen Hügeln oberhalb von Cannes, dass er beschloss, dort eine Villa zu bauen. „Eleonore“ nannte er das prächtige Gebäude im italienischen Stil und schon bald folgten ihm zahlreiche Aristokraten von der Insel, die dem feuchten Winter in der Heimat entkommen wollten. Die Natur war im 19. Jahrhundert in Mode, zumindest in gutbetuchten Kreisen. Wer nicht aus Gründen des Broterwerbs in der Erde wühlen musste, hatte nun mal mehr Sinn für die Schönheit der Schöpfung. Das galt auch für die Beziehung zum Meer, das von den ersten Touristen als Spiegel des Bewussteins entdeckt wurde. Das Mare nostrum eignete sich bestens für diese Betrachtung, schien das Mittelmeer doch gezähmter als der Atlantik und es bestimmte schließlich als Lebensraum Jahrtausendelang unsere Hochkultur.

Immer mehr adlige Wintergäste aus dem Norden reisten nach Cannes und das östlich gelegene Nizza. Es war näher gerückt, weil der italienische König Vittorio Emmanuelle II. die Stadt 1860 an Napoleon III. abgetreten hatte – als Dank für seine militärische und finanzielle Unterstützung. Vier Jahre später erreichte dann die Eisenbahn von Marseille aus Cannes und Nizza und 1887 gelang Stéphen Liégeard, einem mittelmäßigen Schriftsteller und Weingutbesitzer aus dem Burgund, mit seinem hymnischen Buchtitel 
ein bis heute erfolgreiches Branding der sich damals im Aufbau befindlichen Urlaubsregion der Besserverdienenden: „La Côte d’Azur“.

Eine Küste als Kunstwelt, geschaffen für den Zeitvertreib; an diesem Bild hat sich bis heute wenig geändert. Trotz aller historischen Höhen und Tiefen, die meist politisch bedingt waren. Den Eingeborenen muss diese Landnahme wie eine Kolonisierung vorgekommen sein – mit einem allerdings nicht zu verachtenden Nebeneffekt: Er brachte Geld und Arbeit. Noch 1850 galt Monaco als ärmster Staat Europas – bis der Fürst 1866 einfach Monte Carlo erfand und ein Kasino baute, das von dem Glückspielverbot in anderen Ländern mehr oder weniger schamlos profitierte. Längst hat sich – noch einmal befördert von den günstigen Flügen – 
der Massentourismus breit gemacht zwischen Bandol und Sanary sur Mer im Westen und Menton im Osten; aber es gibt noch zahlreiche Orte und Plätze, an denen sich der historische Glamour, das Lebensgefühl unter den Mitgliedern des englischen Königshauses, der russischen Zarenfamilie, und einem Großbürgertum aus europäischen und amerikanischen Industriellen erahnen lässt. Vor allem aber prägten die zahlreichen Privatiers den entspannten Alltag an der Wende zum letzten Jahrhundert, die schlicht mit Geld Geld verdienten. Sie gehören ins Bild der unbeschwerten Belle Époque, die mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 ein abruptes Ende gefunden hatte. Davor ging es hoch her am französischen Mittelmeer und die neuen aristokratischen Privatvillen in Fantasiestilen – inspiriert vom englischen 
Tudor, über die italienische Renaissance bis zu Louis-seize – 
konnten die Nachfrage nach standesgemäßen Gemächern schon bald nicht mehr befriedigen. Ein Bauboom setzte ein. Als Vorbild galten bald die traditionellen Kurorte wie Deauville und Baden-Baden. Deren Architektur wurde kopiert und ans südliche Meer versetzt. Die kann man in Cannes heute vor allem im „Carlton“ bewundern, ein echtes Palace- Hotel, wie die Franzosen sagen. Und ein spätes Meisterwerk dieser schönen Epoche ...
 

Anmutige Tischdame aus hellem Leinen. Zeitlos schlichtes Design für jedes Ambiente verspricht diese Tischlampe mit ihrem Stoffschirm aus beigem Sackleinen, der sich oben leicht verjüngt.
 

 

Zusammenfassung aus der "Living 03/2007" - Sie möchten die ganze Zeitschrift lesen? Kontaktieren Sie uns gerne >>HIER!

 

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