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Kreuzberger Knoten

von Dina von Boch - 24 Oct, 2018

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In einem Berliner Hinterhof begeben sich die Manufaktur Edsor Kronen und ihr 
Geschäftsführer Jan-Henrik M. Scheper-Stuke auf eine Mission: 
Die Liebeserklärung an Krawatte und Schleife!

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Ihre Standardlänge misst 1,45 Meter, die Standardbreite 8,2 Zentimeter. Seit 1909 stellt die Berliner Manufaktur Edsor Kronen Krawatten her. Es dauert gut 23 Minuten, bis solch ein Langbinder fertig ist – vom Zuschnitt bis zum Etikett. Doch davor liegt ein langer und spannender Prozess des Entwerfens und Verwerfens. Designer Günther Stelly, der seit 1973 für die hochwertigen Kollektionen verantwortlich zeichnet, beschloss 2010, dass seiner Firma neue Ideen gut zu Gesicht stünden und machte Jan-Henrik M. Scheper-Stuke zum neuen Geschäftsführer und Aushängeschild des Unternehmens. Seither hält er nicht nur auf Plakaten und Anzeigen als erstes Model des Hauses Hals und Kopf für Edsor Kronen hin. Zur Stilikone Berlins avanciert, steht der 29-Jährige für zeitlose Eleganz im modernen Gewand – ebenso wie seine Manufaktur. „Qualität, Authentizität und Tradition“ lautet das dreiteilige Mantra von Scheper-Stuke. Diese Formel umschreibt kurz, aber präzise die Welt von Edsor Kronen. Eine Welt, die auch dem Geschäftsführer persönlich sehr entspricht – schon in der Schule tauften ihn seine Klassenkameraden auf den Spitznamen „Lord Fauntleroy“, nach der Hauptfigur des englischen Klassikers „Der kleine Lord“. Bei Oldenburg geboren, absolvierte er zuerst das Internat Schloss Louisenlund nahe Hamburg und danach eine Banklehre in Diepholz, Niedersachsen. 2005 kam er schließlich zum Jura-Studium nach Berlin. Dort jobbte er nebenbei in der Firma seines Patenonkels Günther Stelly. Dadurch lernte Scheper-Stuke Edsor Kronen von Grund auf kennen: „Ich erfasste Sinn und Geist der Manufaktur.“ Schließlich war dem Gespann klar, gemeinsam können sie dem Traditionsunternehmen im Dornröschenschlaf zu neuer Blüte verhelfen. Unterstützung holten sie sich von Christian Brey, einem Markenspezialist, der schon dem KaDeWe, dem Friedrichstadtpalast und den Galeries Lafayette half. Auch er ist inzwischen Geschäftsführer bei Edsor Kronen, dem Ort, wo klassischer Stil keine Frage ist, sondern die Antwort auf Heute. „Ständig wird die Kultur der Krawatte totgeredet – obwohl sie das nie war“, erklärt Scheper-Stuke. „Wir haben eine Mission, wir bringen den Männern die Krawatte und die Schleife zurück!“
 

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Toller Oversize-Schal im farbenfrohen Ethno-Stil. Der bunte Maxischal erinnert mit seinem grafischen Allover-Print an die herrlichen Dessins aus Südamerika: aufwendige Muster aus kleinen Dreiecken, Zick-Zack-Linien und Streifen in Safran, Königsblau, dunklem Rot, Orange und kräftigem Grün verleihen Ihren Herbst- und Winteroutfits eine exotische und topmodische Note.
 

Die Deutsche Krawatten- und Schalindustrie schätzt, dass der deutsche Mann im Durchschnitt zwar 15 bis 20 Krawatten sein Eigen nennt, aber nur vier davon trägt. 80 Prozent seiner Krawatten sind gestreift. Im Schnitt lassen die Herren der Schöpfung sich die Krawatte zwischen 20 und 50 Euro kosten, doch gut 50 Prozent überlassen den Kauf des modischen Schmuckstücks lieber ihrer Frau. Es sieht also ganz so aus, als müssten Scheper-Stuke und sein Team die Männerwelt noch gehörig wachrütteln, bis der Knoten endgültig platzt. Doch die Kulturgeschichte der Krawatte zeigt, dass verschlungene Wege stets ans Ziel führen. Sie ist eine Geschichte von Soldaten und Salonlöwen. Bereits römische Legionäre knoten sich die „Focale“, ein Halstuch, um. Sie wischen sich den Schweiß damit ab, nutzen es als Taschentuch und schützen sich damit gegen Kälte. Im Dreißigjährigen Krieg kämpfen kroatische Söldner für Ludwig XIII. von Frankreich. Seine eigenen Truppen kopieren deren Brauch, Halstücher zu tragen, und tragen sie nun „wie die Kroaten“ – also „à la croate“. Darin sehen einige Theorien sogar den Ursprung des Namens Krawatte. Ludwig XIV. verbreitet das neue Kleidungsstück dann unter dem Adel. Schließlich verhelfen die britischen Salonlöwen des 19. Jahrhunderts der Krawatte zu einer wahren Blüte. Die Dandys lassen sich immer neue Varianten von Tüchern und Arten, diese zu binden, einfallen. 1870 beginnt auch in Deutschland, und zwar in Krefeld, die Massenproduktion. Die Clubkrawatte als Zeichen sozialer Zusammengehörigkeit wird um 1880 in Oxford geboren. Studenten nehmen ihre speziell gemusterten Hutbänder und binden sie sich um den Hals. Später ordern sie Krawatten in genau diesen Farben. 1924 revolutioniert der New Yorker Designer Jesse Langsdorf die Fertigung der Langbinder. Er schneidet den Stoff in einem Winkel von 45 Grad zur Laufrichtung. Das verhindert eine schnelle Abnutzung. Von nun an bestehen Krawatten nicht mehr aus einem Stück, sondern aus drei vernähten Teilen ...
 

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Im Hintergrund des Showrooms reihen sich Kunstwerke aus Überfangglas. Designer Günther Stelly hat die beeindruckende Sammlung von Vasen und Schalen zusammengestellt. Die Leuchten auf den Beistelltischen waren ursprünglich Deckenlampen in einem französischen Kaufhaus. Umgedreht wurden sie zu Stehlampen. Über dem Sofa hängt eine Seidenstickerei, vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts gefertigt.
 

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Zusammenfassung aus der "Living 06/2011" - Sie möchten die ganze Zeitschrift lesen? Kontaktieren Sie uns gerne >>HIER!

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