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Familienfässer

von Dina von Boch - 28 Jun, 2017

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Whisky mit Tradition

Glenfarclas ist eine der letzten unabhängigen Whiskydestillerien Schottlands – und produziert seit sechs Generationen in der malerischen Speyside seinen preisgekrönten Single Malt
 

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In Schottland sind auch die langen Flüsse kurz – verglichen mit den großen Strömen dieser Welt. Der River Spey zum Beispiel misst gerade einmal 172 Kilometer – von seiner Quelle in den Highlands bis zur Mündung in den Firth of Moray. Aber seit wann ist die bloße Länge das Kriterium? Wer sich von Edinburg in den Nordosten Schottlands aufmacht, der erwartet die Qualität sozusagen als Substrat, die Schönheit verdichtet im Kleinen. Und was könnte schöner sein, als nach dem Durchqueren der rauen Berge eine Stunde vor Nairn rechts abzubiegen und dem Lauf des Spey zu folgen? Hier kann man eine fast idealtypische Landschaft entdecken, mit ursprünglichen Birkenwäldern, Nadelbäumen und jenen Heidehügeln, die ins Klischee von Schottland passen. Alles wirkt milder als in den Highlands und sanfter, denn den Geist bestimmt der – immerhin – zweitlängste Fluss im Norden Großbritanniens. Jetzt im Frühling sind die Abschnitte schon gegen erstaunliche Pachtzahlungen vergeben, mit denen man die Lizenz erwirbt, für wenige Tage auf Lachsfang zu gehen. Auch Forellen gibt es in dem schnell fließenden Gewässer zuhauf und das Fliegenfischen ist hier nicht nur ein Sport sondern eine ganze Lebensart.

Im beschaulichen Aberlour, auf halber Strecke zur Flussmündung, nördlich des Provinzhauptstädtchens Elgin, kann man sie abends beobachten: rotnasige Gruppen älterer Herren oder auch Collegeboys, die tagsüber gefischt haben und jetzt im „Mash Tun“ ihr Aberdeen Angus Steak bestellen. George Grant (34) hat uns hierher gebracht, ein starker Typ mit Bauch und zupackender Geste. Man kennt ihn hier, kameradschaftlich, und niemand würde ihn im Gespräch mit anderen Eingeborenen als Herrn ausmachen – über 50.000 gut gefüllte Whiskyfässer. Noch ist sein Vater John der Chairman der Destillerie von Glenfarclas, aber George hat als Sales Manager sein Erbe bereits angetreten.

Hinterm Tresen des „Mash Tun“ stehen sie alle, eher unscheinbar, die vielen Flaschen der Family Casks, ein wahrer Schatz. Whisky ohne „e“ vor dem Ypsilon, denn das ist den irischen und amerikanischen Produkten vorbehalten. „Die vollständige Serie gibt es sonst nur noch in einer Bar in Tokio“, erzählt George. Das älteste Mitglied der Familie wurde 1952 von Glenfarclas im nahen Ballindalloch in ein Eichenfass gefüllt – heute unerschwinglich. Damals, nach dem Krieg, erlebte der Whisky einen staatstragenden Boom, denn das arme Schottland brauchte Devisen und lockerte den Spirit Act von 1880. Er verbot das gleichzeitige Mälzen und Destillieren und die Sonntagsarbeit. Jetzt sollten die leeren Staatskassen mit dem Export des Lebenswassers, gälisch „Uisge beatha“, und den darauf erhobenen Steuern gefüllt werden, dessen ursprünglichen Namen die Engländer in Whisky anglisierten. Wenn man die aktuellen Exportzahlen betrachtet, immer noch eine richtige Entscheidung: Whisky für mehr als drei Milliarden Pfund exportiert Schottland heute, ein Sechs­tel davon entfällt auf den immer beliebteren Single Malt, wie ihn auch Glenfarclas in alle Länder rund um den Globus verkauft. Vor allem auch nach Deutschland, wo der Absatz anspruchsvoller Whiskys trotz Krise weiter wächst.

„Japan ist auch stark, China kommt“, erklärt George Grant jr. Er selbst hat eine Zeit in Hongkong gearbeitet, bevor er in die Reihen seines schottischen Clans zurücktrat, in der sechsten Generation. 1865 erwarb sein Vorfahr John Grant (1805–1889), ein wohlhabender Rinderzüchter, zusammen mit viel Land am Fuße des Bergs „Ben Rinnies“ die legale Destillerie Glenfarclas. Die Übersetzung lautet „Tal des grünen Graslandes“, in dem ausschließlich mit dem Wasser gearbeitet wird, das aus den nahen Quellen sprudelt. „Im Winter liegt da oben schon ordentlich Schnee“, erzählt George – viel Wasser, das die Whiskymacher in tiefen Zisternen sammeln. Denn ein Single Malt darf nur aus den Fässern einer Destillerie stammen – und aus heimischem Nass destilliert werden. „Wasser ist sozusagen unser Terroir“, sagt Grant der Sechste. Er entscheidet zusammen mit dem Mas­terblender, wie der Whisky von Glenfarclas schmecken soll – eine Komposition aus verschiedenen Fässern. Dabei gilt: Das jüngste Fass bestimmt später das Alter auf der Flasche ...
 

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Zusammenfassung aus der "Living 02/2010" - Sie möchten die ganze Zeitschrift lesen? Kontaktieren Sie uns gerne >>HIER!

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