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Blau machen in Delft

von Dina von Boch - 7 Jun, 2017

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Königliches Porzellan

Seit 357 Jahren stellt die königliche Manufaktur „Royal Delft“ in den Niederlanden Porzellan her, das streng genommen keines ist – und dennoch die ganze Welt eroberte
 

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Feiner weißer Staub legt sich auf die Werkbänke, Regale, Paletten und den Fußboden. Wie Puderzucker einen Kuchen verziert, garniert er jeden einzelnen Gegenstand in der riesigen Fabrikhalle. Hier arbeiten die „gieter en afwerker“, die Gießer und Polierer. Mit wenigen Werkzeugen, und vor allem mit ihren eigenen Händen, erschaffen sie Tassen, Teller, Vasen oder Kacheln. Über drei Jahrhunderte gaben die Handwerker der Delfter Porzellanmanufaktur ihr Wissen und Können an ihre Nachfolger weiter und haben so ein weltberühmtes Traditionsunternehmen am Leben erhalten. Selbst ihre Ausbildung absolvieren die Produktionsmitarbeiter, ebenso wie die Porzellanmaler, hier im Haus. Denn an keinem anderen Ort können sie all die speziellen Arbeitsschritte lernen, die am Ende das einzigartige Delfter Blau ergeben.

Am Anfang steht eine Mischung aus Kaolin, Kalk, Feldspat und Quarz. Vermengt mit Wasser wird daraus die Rohmasse oder Gieskleie. Das genaue Rezept ist streng geheim und wurde während der langjährigen Unternehmensgeschichte immer wieder verändert und optimiert. Als die Ostindiengesellschaft im 17. Jahrhundert vermehrt Porzellan aus China einführte, schwang sich das weiße Gold zum Statussymbol der Oberschicht auf. Die Nachfrage stieg enorm. Schnell witterten niederländische Töpfereien ein gutes Geschäft und erforschten sowohl die asiatischen Materialien als auch die Herstellungsprozesse, um diese nachzuahmen.

In Delft entstanden damals ganze 32 Fabriken, denen es in erstaunlich kurzer Zeit gelang, qualitativ hochwertiges Porzellan herzustellen. Allein, dass es sich streng genommen nicht um Porzellan handelte. Denn so viel Mühe sich die Spezialisten von einst auch gaben, das fernöstliche Mysterium zu entschlüsseln, die Rezeptur für richtiges Porzellan zu ergründen, blieb ihnen verwehrt. Doch eigentlich gelang ihnen ein viel größeres Meisterwerk als das bloße Kopieren des chinesischen Vorbilds: Sie schufen eine ganz eigene besonders noble Keramik. Der Unterschied liegt darin, dass der Feldspat beim Brennen des Porzellans schmilzt und beim Abkühlen nicht wieder kristallisiert. Dadurch wirkt hauchdünnes Porzellan oft durchscheinend. Bei der Keramikproduktion entstehen aber sehr wohl kristalline Strukturen. Da man jedoch in festem Glauben lebte, den Chinesen auf die Schliche gekommen zu sein, entstand der offizielle Begriff des Delfter Porzellans. Auch wenn die verschiedenen Werkstätten später alle wieder verschwanden, eine hielt sich wacker über Jahrhunderte hinweg: die Manufaktur „Porceleyne Fles“, was übersetzt so viel heißt wie Porzellanflasche. Und seit 1919 darf der Betrieb sogar das Attribut „koninklijk“, also „königlich“ führen - international kurz und bündig: Royal Delft.
 

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Zusammenfassung aus der "Living 03/2010" - Sie möchten die ganze Zeitschrift lesen? Kontaktieren Sie uns gerne >>HIER!

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